Moderne Architektur auf den Kanaren – Carl (Charly) LANG.

Moderne Architektur auf den Kanaren – von Carl (Charly) LANG.

volcano-house-lajares-4Die gibt es inzwischen fast auf allen Inseln. Man muss sie nur suchen. Das TEA Kunstzentrum von Herzog & de Meuron, und Calatravas Auditorio, beide stehen in der Hauptstadt Teneriffas, sowie das MAGMA Kongresszentrum im Süden der Insel, das Auditorium von Las Palmas. Meilensteine der Neuen Spanischen Architektur. Nicht zu vergessen das Centro de Interpretación de Timanfaya auf Lanzarote. Diese Bauten sollte jeder Kulturinteressierte der Kanaren inzwischen kennen.

Und hier auf Fuerteventura? Fehlanzeige, bis vor kurzem. Trotz schwerer Krise tut sich einiges. Zum Beispiel im hippen Lajares im Norden der Insel, einem bunten dorf der internationalen Surfergemeinde, kann man jetzt ein neues Einfamilienhaus bestaunen, das seinesgleichen sucht. Gebaut wurde es vom dem jungen Spanier Ilja Escario, der lange in Barcelona studiert hat und sich auf einem kleinen Hügel unterhalb zweier Vulkane seinen Traum verwirklicht hat. Zweieinhalb Jahre Bauzeit und einige Kommentare über sein Projekt haben ihn erst Recht ermuntert weiterzumachen und es der hiesigen traditionellen Architektur zu beweisen, wie gefühlvoll man Sichtbeton, Corten Stahl - das sind diese verrostet wirkenden Stahlplatten - schwarze Keramik, viel Glas und Holz zusammenbringen kann. Und trotzdem ein recht farbiges, lebendiges und vor allem transparentes Ergebniss zustande bringen kann. Jetzt wo der Bau fast fertig ist sieht man immer mehr Spaziergänger und auch vorbeifahrende Mountainbiker hinschauen, neugierig geworden auf das Interieur Design der exclusiven Villa. Das Vulcano House passt sich hervorragend der dunklen Wüsten und Lavagegend hier im Norden Fuerteventuras an. Vielleicht ist dies ja der Anstoss für weitere innovative Bauprojekte auf der Atlantikinsel.

Was Toleranz auf der Insel heisst, kann man gut am zweiten Beispiel, im Parque Holandés, beobachten. Hier hat die Gemeinde noch vor der Wirtschaftkrise ein respektables Kulturhaus entwerfen lassen, das jetzt leider leer steht. Viele der dortigen Bewohner tun sich sehr schwer mit dem Anblick der neuen Architektur. Fast nur so kann man sich erklären, warum einige Glasscheiben an der Rückfront des Gebäudes mit Gesteinsbrocken beworfen wurden und die Türen mit Farbe besprüht wurde. Vielleicht lässt der Bauherr diese Eingriffe des Vandalismus stehen, damit jeder sieht, wie tolerant und agressiv manche hier gegen progressive Bemühungen vorgehen. Oder ist es doch nur absolute Dummheit? Fuerteventura hat kulturell einiges nachzuholen und es werden noch Jahre vergehen bis ein Umdenken stattfindet. Auch bei der Tourismusindustrie mit ihren All-Inklusiv Denken.

Fragwürdige Baubestimmungen und Genehmigungsverfahren machen viele junge Architekten manchmal mutlos. Gewiss gibt es einige gute Ansätze quer auf der Insel verstreut, aber vor allem rund um Villaverde und Lajares, wo einige mutige Bauten entstanden sind. Bauen auf Fuerteventura heisst meistens noch ein Mix aus Tradition und Neuem, oft Kopieren des Alten, aber selten eine geglückte und respektvolle Bewahrung der alten Bauten, wie es so herrvorragend mit dem Casa de los Coroneles gelungen ist. Deshalb muss man um so mehr den wenigen Initiativen und guten Beispielen dankbar sein, die es z.B. auch im Tal von Betancuria mit dem Casa Santa Maria und dem Don Antonio gibt.

Das Dilemma hat natürlich seine Ursachen auch seit dem Franco Regime. 40 Jahre architektonischer Stillstand während dieser Zeit merkt man manchmal heute noch. Zensuren und äusserst wenig Information über ausländische Architektur waren damals an der Tagesordnung. Architekturbücher wurden beim Barrikadenbau benutzt, als die Madrider Universität Schauplatz der Kämpfe wurde. Sämtliche Fachliteratur wurde dabei verbrannt.

Umso bemerkenswerter ist der heutige Erfolg, den viele spanische Architekten weltweit feiern. Bleibt zu hoffen, das bald alle Projekte hier auf Fuerteventura, vom Auditorio von Puerto del Rosario bis zum dortigen farbigen Archivo bald vollendet werden. Ebenso das der geplante Kongressbau in Morro Jable sowie das archaeologische Museum von Pajara, beide Projekte von Fernando Menis, bald verwirklicht werden. Um gute Architektur voranzutreiben, die die Insel dringend nötig hat. Auch wenn sich einige hier lieber ein kitschiges Disneyworld wünschen.


CH.Lang
Alle Bilder © Carl LANG